20 Jahre Weltkulturerbe Museumsinsel
10.07.2019Eine ganz besondere Insel: 20 Jahre Weltkulturerbe
1999 erklärte die UNESCO die Museumsinsel Berlin als „einzigartiges Ensemble von Museumsbauten, das die Entwicklung modernen Museums-Designs über mehr als ein Jahrhundert illustriert“, zum Welterbe. Aber nicht nur die Architektur, auch ihr jeweiliger Inhalt verleiht der Museumsinsel Berlin ihre Bedeutung. In den Videos erklärt jeweils ein/e DirektorIn oder Leiter aus einem der fünf Häuser die jeweilige Rolle im Gesamtensemble.
Drohnenflug Museumsinsel
Vor 20 Jahren nahm die UNESCO die Museumsinsel Berlin auf ihre ewige Liste von Orten mit besonderer Bedeutung für die Menschheit. Am 13. Juli 2019 eröffnet auf der Insel das sechste Gebäude, die James-Simon-Galerie. Anlässlich der Eröffnung und des Jubiläums werfen wir einen Blick von oben auf die Museumsinsel.
© SPK / Friederike Schmidt; Kamera: Stefan Müchler Fotos: Museumsinsel: © bpk / DOM publishers, Juli 2009; Welterbeurkunde: © bpk / Staatliche Museen zu Berlin / Dietmar Katz
Matthias Wemhoff zum Welterbe Museumsinsel
„Bei Welterbe geht es auch um Kulturgutschutz“, meint Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte. Er erklärt, warum das Neue Museum voller symbolischer Bedeutung ist.
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20 Jahre Welterbe – das ist natürlich für das Neue Museum auch etwas ganz Besonderes. Seit zehn Jahren spielt es eine bedeutende Rolle hier auf der Museumsinsel. 70 Jahre, nachdem es geschlossen wurde 1939, und danach im Krieg zerstört worden ist. Dieses Neue Museum ist auch so ein bisschen voller symbolischer Bedeutung für das, worum es beim Welterbe geht, nämlich um den Schutz von Kulturgut. Dieses Gebäude ist vom Krieg zerstört worden und dann wiedererstanden, vielfach restauriert, ergänzt, und hat trotzdem heute wieder die Funktion als Museumsgebäude tatsächlich dienen zu können. Ich glaube, das kann man an keinem anderen Haus so nachdrücklich nachvollziehen wie hier im Neuen Museum. Die Verbindung zwischen archäologischen Fundstücken und dem Haus ist hier besonders eng. Man merkt es sofort, wenn man sich umschaut: Das Haus ist ja vom Krieg gezeichnet, von Spuren der Geschichte geradezu überzogen. Und genau so ist es mit der Archäologie. Wenn wir uns unsere Objekte anschauen, die sind auch alle von der Geschichte gezeichnet, sie sind oft auch in Mitleidenschaft gezogen worden und insofern sieht man diese Spuren von Geschichte am Haus und an den Funden. Das schafft auch so eine ganz besondere Harmonie oder so eine Grundhaltung, die es ermöglicht, archäologische Funde ganz anders zu lesen als das in modernen Museen zum Beispiel der Fall ist. Es ist ja wahnsinnig spannend, dass man 20 Jahre, nachdem es Weltkulturerbe geworden ist, die Museumsinsel, tatsächlich noch ein Gebäude hinzufügen kann. Das ist ja etwas ganz Seltenes. Und eigentlich ist es etwas ganz Wunderbares. Denn das Weltkulturerbe Museumsinsel lebt davon, dass es Gebäude aus bald 200 Jahren Museumsgeschichte hier vereint. Also man kann nicht nur die Geschichte der Sammlungen, sondern auch die Geschichte des Museums auf dieser Insel nachvollziehen. Und da ist es wunderbar, dass wir auch ein zeitgenössischen Bau dazunehmen können.
© SPK / Sven Stienen & Jonas Dehn

Museum für Vor- und Frühgeschichte
Das Museum für Vor- und Frühgeschichte auf der Berliner Museumsinsel zählt weltweit zu den größten Sammlungen zur prähistorischen Archäologie der Alten Welt. Die Bestände repräsentieren die Entwicklung der vor- und frühgeschichtlichen Kulturen von der Altsteinzeit bis ins Hochmittelalter.
Höhepunkte sind der berühmte Schädel des Neandertalers von Le Moustier, Heinrich Schliemanns Sammlung Trojanischer Altertümer und der „Berliner Goldhut“. Bis in die jüngste Vergangenheit reichen aktuelle Grabungsfunde aus Berlin.

Alte Nationalgalerie
Die Alte Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin wurde zwischen 1867 und 1876 nach Plänen Friedrich August Stülers errichtet. Heute beherbergt sie Gemälde und Skulpturen des 19. Jahrhunderts, darunter Meisterwerke von Caspar David Friedrich, Adolph Menzel, Edouard Manet, Claude Monet, oder Auguste Rodin. Sie ist zugleich das Stammhaus der Nationalgalerie, deren Sammlung sich außerdem auf die Häuser Neue Nationalgalerie, Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, Museum Berggruen und die Sammlung Scharf-Gerstenberg verteilt.
Ralph Gleis zum Welterbe Museumsinsel
Was die Alte Nationalgalerie den Besucherinnen und Besuchern der Museumsinsel zu bieten hat, erklärt ihr Leiter Ralph Gleis.
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In diesem Gebäudekomplex der Museumsinsel steht die Alte Nationalgalerie ein bisschen wie ein Solitär innerhalb der Kolonnaden. Es ist ja eine etwas herausgehobene, tempelartige Architektur, die auch dazu einlädt, sich dem Gebäude zu nähern. Die Alte Nationalgalerie als Stammhaus der Nationalgalerie hat hier auf der Museumsinsel eine herausgehobene architektonische Stellung. Wie man sehen kann, ist es quasi ein Solitär auf dem wunderschönen Kolonnadenhof und damit ist es ein besonderes Erlebnis für die Besucher, hier dieses Haus aus dem 19. Jahrhundert zu besuchen, in dem auch die Kunst des 19. Jahrhunderts, die Gemälde und Skulpturen zu besichtigen sind. Das macht, glaube ich, den besonderen Reiz genau dieses Museums aus.
© SPK / Gesine Bahr
Barbara Helwing zum Welterbe Museumsinsel
Die Direktorin des Vorderasiatischen Museums über die großen Gedanken hinter der Museumsinsel Berlin.
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Ich fange mit der Museumsinsel an. Die Museumsinsel ist ein ganz großartiges Ensemble von verschiedenen Museen, die alle gemeinsam die Kulturen der Welt präsentieren und damit auch so eine Art Weltgeschichte. Das steht für einen ganz großen Gedanken, eine ganz große Vision und ist natürlich direkt verbunden mit von Humboldt herrührenden großen Bildungsgedanken, der das zugänglich machen soll für alle Menschen. Insofern ist allein die Insel als solchen schon eine ganz besondere Stätte. Wenn wir nun das Vorderasiatische Museum anschauen mit seinen großartigen Sammlungen in denen Orte wie Babylon und Assur präsentiert werden, dann ist es eines von drei Museen weltweit, die große Kollektionen haben, die aus wissenschaftlichen Grabungen stammen, die also hier präsentiert werden als Ergebnis der Forschung. Was wir zeigen können und was es so besonders macht, das sind zum einen die Zeugnisse der ältesten Textkulturen der Welt. Wir dürfen dabei nicht direkt an Literatur denken, sondern es geht hier um Buchhaltung, Steuern und ähnliche Dinge und natürlich die Zeugnisse der frühen Reiche, die sich in monumentaler Architektur ausdrücken. Dass wir das im Vorderasiatischen Museum in dieser eindrucksvollen Weise präsentieren können, das verdankt sich einem langen Prozess von Rekonstruktion und Aufbau, die noch zurückgeht auf die 1920er Jahre. Damals hatte der Museumsdirektor Walter Andrae diesen Gedanken, dass der Alte Orient erlebbar sein soll für die Menschen in Berlin. Er hat mit diesem Gedanken zum einen Architektur rekonstruieren lassen, sehr akribisch, aber auch mit sehr viel Sorgfalt, dass es einem ermöglicht sich einmal vor eine kleine Ausgabe des Ischtar-Tores zu stellen und einfach diese Ganze Monumentalität auf sich wirken zu lassen. Dieser Gedanke des lebendigen Museums besteht weiter und im Vorderasiatischen Museum kann man ihn, denke ich, so gut erleben wie fast nirgends sonst. Das ist für mich das Besondere am Vorderasiatischen Museum auf der Museumsinsel.
© SPK / Friederike Schmidt

Vorderasiatisches Museum
Das Vorderasiatische Museum beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen orientalischer Altertümer. Zudem kann es ein Wunder vor Augen führen: die Mauern von Babylon. Sie zählten einst zu den sieben Weltwundern der Antike, bis sie verfielen. Ein Teil von ihnen aber wurde geborgen und rekonstruiert: das farbenprächtige Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße von Babylon. Durch sie und zahlreiche weitere Objekten entsteht ein Bild von 6.000 Jahren Kunst- und Kulturgeschichte in Mesopotamien, Syrien und Anatolien. Das Vorderasiatische Museum präsentiert seine Sammlungen im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel.

Bode-Museum
Das Bode-Museum der Staatlichen Museen zu Berlin krönt die Nordspitze der Museumsinsel. In dem 1904 vollendeten Gebäude befinden sich heute die Skulpturensammlung, das Museum für Byzantinische Kunst und das Münzkabinett. Zudem werden dort rund 150 Bilder der Gemäldegalerie präsentiert.
Die Konzeption des als Kaiser-Friedrich-Museum errichteten Gebäudes geht auf Ideen der Kronprinzessin Victoria aus den frühen 1880ern zurück, die Wilhelm von Bode in die Praxis umsetzte. 1956 erhielt es nach seinem geistigen Schöpfer den bis heute beibehaltenen Namen: Bode-Museum.
Julien Chapuis zum Welterbe Museumsinsel
Der Leiter der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst, Julien Chapuis, erklärt die inhaltlichen Verbindungen vom Bode-Museum zur James-Simon-Galerie, dem neuen Eingangsgebäude der Museumsinsel Berlin.
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Räumlich ist das Bode-Museum die Spitze der Museumsinsel. Es ist ein Wahrzeichen Berlins und wird in vielen Werbespots als Motiv benutzt. Inhaltlich schließt sich das Bode-Museum an die verschiedenen Sammlungen der Museumsinsel an. Wir haben, was Sammlungsbereiche angeht, Verbindungen mit der Antikensammlung, mit dem Ägyptischen Museum, mit dem Museum für Islamische Kunst sowie mit der Alten Nationalgalerie. Die Nationalgalerie und wir haben, jeder von uns hat ein Bildwerk von Antonio Canova zum Beispiel. Wir werden erst an die James-Simon-Galerie angebunden werden, wenn die Archäologische Promenade vollendet ist. Das ist noch in der Zukunft. Aber inhaltlich sind wir mit der James-Simon-Galerie sehr verbunden, weil James Simon für diese Sammlung sehr viel bedeutet. Er hat zwei große Schenkungen von Kunstwerken aus Italien und aus Nordeuropa der Skulpturensammlung und der Gemäldegalerie geschenkt. Diese Werke waren ab 1904 bis zum Anfang des 2. Weltkriegs in einem eigens dafür eingerichteten Kabinett präsentiert. Aufgrund des Antisemitismus der NS-Zeit wurde noch vor dem 2. Weltkrieg das Kabinett aufgelöst und der Name James Simon verbannt. Wir haben im Bode-Museum das James-Simon-Kabinett an Ort und Stelle wiedereingerichtet, sodass zum einen Besucher sich einen Eindruck von diesem Raum machen können und dass wir gleichzeitig den Namen James Simon hier angemessen würdigen können.
© SPK / Gesine Bahr & Jonas Dehn
Andreas Scholl zum Welterbe Museumsinsel
Vor 20 Jahren wurde die Museumsinsel in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen. Was bedeutet dies für die einzelnen Museen? Andreas Scholl, Direktor der Antikensammlung, erklärt, welche Schlüsselrolle das Alte Museum im Ensemble spielt und wieso das Welterbe Museumsinsel Berlin so besonders ist.
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Das 1830 eröffnete Alte Museum, nach Süden auf den Lustgarten und das jetzt wiederaufgebaute Schloss orientiert, ist das große Propylon, das große Einfallstor zur Museumsinsel. Da das neue Eingangsgebäude, die James-Simon-Galerie, auch nach Süden auf den Lustgarten orientiert ist, wird der Besucher demnächst die Museumsinsel wieder in ihrer historisch korrekten Perspektive erleben können. Das halte ich für einen ganz großen Vorteil. Das Ganze wird noch unterstützt durch den neuen U-Bahnhof, der irgendwann 2020 eröffnet werden wird, sodass die jetzt über Jahrzehnte bestehende Situation, dass die Leute quasi von hinten die Museumsinsel betreten, von den beiden S-Bahnhöfen aus, dann nicht mehr gegeben sein wird. Inhaltlich haben wir das erreicht, was der Masterplan vorsieht, eine Neuaufstellung des Kerns der Antikensammlung mit ihrer wunderbaren Präsentation zur griechischen, etruskischen und römischen Kunst. Im Alten Museum wird der Besucher auf das Erlebnis Museumsinsel als große Freistätte der Kunst und Archäologie des erweiterten Mittelmeerraums eingestimmt. Was noch zu sagen wäre, ist, dass der Welterbetitel für uns, für das Ensemble Museumsinsel auch deshalb von so großer Bedeutung ist, weil er eben ausdrücklich – und das ist nach meiner Kenntnis weltweit einzigartig – sowohl die großartigen fünf historischen Museumsgebäude, die zwischen 1830 und 1930 entstanden sind, umfasst, wie auch ihr Inhalt, nämlich die wunderbaren Sammlungen, unter den Schutz der UNESCO gestellt sind.
© SPK / Gesine Bahr

Antikensammlung
Die Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin gehört zu den bedeutendsten Sammlungen für antike griechische und römische Kunst in der Welt.
Baukunst, Skulpturen und Vasen, Inschriften, Mosaiken, Bronzen und Schmuck stellt die Antikensammlung auf der Museumsinsel Berlin aus: im Alten Museum und im Pergamonmuseum. Ihre Objekte ergänzen zudem die sammlungsübergreifende Präsentation im Neuen Museum. Dort zeigt sie vor allem Kunst aus den Provinzen des Römischen Reiches und Werke aus ihrer umfangreichen Zypernsammlung.
Website der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin
Drohnenflug James-Simon-Galerie
Am 13. Juli 2019 öffnete die James-Simon-Galerie ihre Tore für die Besucherinnen und Besucher der Museumsinsel. Bevor Besucherströme das neue Eingangsgebäude der Museumsinsel füllen, sind wir mit einer Drohne durch das neue Gebäude geflogen.
© SPK / Friederike Schmidt; Kamera: Stefan Müchler